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Kupfersuhl

Ein stolzes Fest: 750 Jahre Kupfersuhl, 1200 Jahre Ersterwähnung Wackenhof
                                               08.06. – 19.06.2018

Bei meiner Ehre – so etwas habe ich noch nicht erlebt. Auf ein Abenteuer habe ich mich eingelassen in meinem Alter von vielen hundert Jahren. Millionen Kubikmeter früher oft umkämpften Wassers sind durch meinen Bach gelaufen, Streitigkeiten hat es auch wegen meiner Wälder gegeben. Eine begehrte Braut war ich aber immer, bis in die jüngste Zeit. Und ein begehrter Platz, um sich hier einzurichten. Haus und Hof zu bauen, Felder zu bestellen, Wiesen. Brot habe ich auch Leuten gegeben, die drunten nach Kupfer schürften, ihrem Handwerk nachgingen. Ein stilles, beschauliches, schönes Dörfchen war ich. Das hat sich im Juni 2018 geändert. Plötzlich stand ich im Mittelpunkt. Viele hundert Leute wollten mich sehen. Fröhliche Leute. Das werde ich so schnell nicht vergessen. Die nächsten paar hundert Jahre nicht, Ehrenwort. Sogar für eine kleine Sensation stehe ich nun, ein kleines Stück Gondwana. Für all das danke ich allen Verantwortlichen. Dem Organisationskomitee, allen voran Dieter Mitschke, Sören Andres, Helmut Möller. Der Gemeinde Moorgrund mit dem Bauhof und Bauhofleiter Uwe Grobe, dem Kirmesverein als Träger, Feuerwehrverein, allen weiteren fleißigen Helfern, den Sponsoren. Und vor allem aber meinen Leuten. Jedem einzelnen meiner 215 Einwohner. Ihr habt zusammengestanden, habt alles für mein Jubiläum getan. Mit viel Liebe, mit viel Einsatz, mit harter Arbeit. Dafür ein Riesenkompliment. Leute, ich bin stolz auf Euch!

So oder ähnlich würde das kleine Kupfersuhl, kleinster Ortsteil der Gemeinde Moorgrund, wohl sprechen im Nachklang der Feierlichkeiten zu seinen 750 Jahren, eingeschlossen 1200 Jahren Ersterwähnung Wackenhof. Und bleibt dabei doch viel zu bescheiden.
Wenn ein Fest sich über Prolog, Hauptakt mit mehreren Aufzügen und Epilog erstreckt, wenn zum Festwochenende auf jeden Kupfersuhler gut ein Dutzend staunende Besucher ins Dorf pilgern, wenn ein Org.-komitee so viel Engagement aufweist, sogar diese kleine Sensation ans Tageslicht befördert und auch noch was Tolles daraus macht – dann ist dies phänomenal und einen Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde wert!

Der Überblick über die Geschichte muss leider ganz knapp ausfallen.

Kupfersuhl
Wurde 1268 ersterwähnt, ist aber nach allem was man weiß viel länger besiedelt – und hieß mit leichten Abwandlungen schon immer Kupfersuhl. Land- und Forstwirtschaft betrieben die Menschen, gingen dem Handwerk nach, prägend wurde jedoch über vier Jahrhunderte der Kupferbergbau vom 13. Jahrhundert bis etwa 1860. Bevorzugt durch die hügelige Gegend, die schrägen oder waagerechten Vortrieb ermöglichte. Bergleute von außerhalb kamen und mussten untergebracht werden, das ging ebenso wie die Nutzung des Wassers von Suhl und Lauterbach für Bergbau etc. nicht ohne Streitigkeiten ab, auch weil Bauern Transportdienste fürs Bergwerk per Fron leisten mussten. Was sogar zu so etwas wie Streiks führte. Ebenso begehrt war das Holz – Stichwort Flachsland, begehrtes Objekt der Stadt Bad Salzungen, Stadtwald dann sogar. Pochwerk und Schmelzhütte für das Erz gab es im Ort. 1906 wurde die Wasserversorgung mit Hochbehälter und Druckleitung eingerichtet, seit 1922 gab es Strom. Kirchlich gehörte man seit 1691 bis heute zu Möhra, der Wackenhof zu Eckardtshausen. Schulisch wechselten die Verhältnisse. 1911 bauten die Kupfersuhler sich eine eigene Schule, ab 1967 wurden die Schüler aufgeteilt in Einrichtungen umliegender Orte. Nach der Wende wurden Nebenstraßen und Landwirtschaftswege instandgesetzt, Dorfplatz umgestaltet und Buswendeschleife gebaut.
1994 wurde man Ortsteil der Gemeinde Moorgrund, eine Menge wurde kommunal wie privat mit der Dorferneuerung 1997 bis 1999 erreicht: 1.3 Mio. Mark in die Infrastruktur investiert, 42 Maßnahmen privater Antragsteller gefördert, zusammen ebenfalls nochmal 1.2 Mio. Mark. bis heute gibt es weitere Investitionen in Kupfersuhl (Hauptstraße, Suhl-Brücke, „Im Winkel“, schnelles Internet, Sanierung Fassade ehemalige Pumpstation) und Wackenhof (u.a. Thüringer Denkmalpreis 2009 für originalgetreue Wiederherstellung eines Bauernhofes durch die Eigentümer).

Wackenhof
wird wohl in einer Urkunde anno 817 erstwähnt. Bestätigt ist die Ansiedlung des in Gotha ansässigen, mit der hl. Elisabeth verbundenen Lazarusordens, der 1231 sozusagen eine Außenstelle als Kloster und Aussätzigenhospital auf dem Wackenhof errichtete. Die Frankensteiner herrschten dort bis 1330, danach die Henneberger. Das Kloster wurde im Zuge von Reformation und Bauernkrieg aufgelöst, und verwandelte sich in ein Gut.
Wie gesagt, ein klitzekleiner Überblick. Und hier die kleine Sensation

Protorosaurus Speneri
Ein Stück Gondwana in Kupfersuhl. Ein Ursaurier, eine vermutlich bis zu 200 Zentimeter messende langhalsige Echse, die vor mehr als 250 Millionen Jahren am Rande des damaligen Zechsteinmeeres lebte.
Im Zuge der Recherchen zur Kupfersuhler Geschichte stießen Möller und Mitschke darauf, dass Bergleute 1706 im Feld Schacht 2 des damaligen Kupferbergwerkes ein Fossil im Kupferschiefer entdeckten. Der damalige Bergwerksbesitzer brachte es zum Berliner Arzt und Anatomen Christian Maximilian Spener, der den Fund 1710 veröffentlichte. Ein zweiter Fund stammt aus dem Jahr 1718. Bei dem von 1706 handelte es sich, Achtung, sogar um den ältesten dokumentierten Saurierfund überhaupt, der im College of Surgeons London landete. Den zweiten Fund konnten Mitschke und Möller im Naturalienkabinett im sächsischen Waldenburg persönlich besichtigen. In London und Waldenburg bleiben sie auch, die berühmten Fossile. Nach Kupfersuhl ist der Protorosaurus Speneri aber trotzdem dank der Bemühungen der Organisatoren zurückgekehrt – als naturgetreues Modell in der Originalgröße von 160 Zentimeter, angefertigt aus Kunstharz von einem geowissenschaftlichen Präparator. Es ziert den kleinen idyllischen Platz in der Dorfmitte, flankiert von Tafeln zur Erläuterung der Ortsgeschichte – und wird hoffentlich von Vandalismus verschont!

Kupferpfad
Prolog: Am Samstag vor dem Festwochenende wurde er „mit 50 zweibeinigen Wanderern und einem Pony“ eingeweiht, der etwa 5 km lange ausgeschilderte Kupferpfad, entlehnt der alten Flurbezeichnung „Am Kupferpfad“ der Ettenhäusener Gemarkung. Eine verblüffende Idee – symbolisch den Weg der Bergarbeiter von Ettenhausen nach Kupfersuhl/Wackenhof nachzuempfinden, wie er hätte sein können. Genutzt wurden vorhandene Wege, Beginn ist an der Wehrkirche Ettenhausen, oberhalb vom Wackenhof mündet er in den Sallmannshäuser Rennsteig. An markanten Punkten – Wehrkirche, Pumpwerk/Wasserhäuschen Kupfersuhl, Fundort Protorosaurus, Ortseingang Wackenhof – wurden Infotafeln aufgestellt, der Premierengang von den Kupfersuhler Jägern mit Bewirtung unterstützt.

Festwochenende
Das stellten die Kupfersuhler/Wackenhöfer auf die Beine:
Freitagabend mit toller Liveband,
Samstag: Festabend. Dr. Wolfgang Sinn aus Dönges hält einen gewohnt launigen Bild-Vortrag zur Geschichte, Grußworte sprechen Bürgermeister Hannes Knott, Landrat Reinhard Krebs, sein 1. Beigeordneter und Ex-Bürgermeister Udo Schilling. Der frühere Pfarrer Christoph Martin Neumann trug mit Lisa und Gina Marie Andres und Diana Fuß ein eigens getextetes und komponiertes Lied vor, beim Tanzabend sorgt die Gumpoldia Dance Company für Einlagen.
Sonntag: „Stehender Umzug“ – über 20 Höfe sind geöffnet, eine Fülle von Blumen, reichlich abwechslungsreiche Speis und Trank, überall historisches Haus- und Landwirtschaftsgerät, altes Handwerk wird gezeigt, im Dorfgemeinschaftshaus die Ausstellung zur Geschichte. Unter Regie von Arno Schulz, dem Organisator der drei großen Schleppertreffen 2007, 2009 und 2011, eine bemerkenswerte historische Landtechnikschau auf der Wiese unterm Dorf. Der nachgebildete Protorosaurus Speneri wird an seinem Platz mit Bürgermeister Knott und Landrat Krebs feierlich enthüllt. Auf dem Wackenhof der von Pfarrer i.R. Neumann musikalisch begleitete historische Vortrag von Christine Rennert
Vortrag „Ich bin dem Lazarus vom Wackenhof begegnet“, die Bewohner passend dazu in Mönchskutten, Kurt Henning zeigt seinen Ahnenfolgen enthaltenden Ordner.
Resümee: Am Sonntag werden rund 2.000 Besucher gezählt, am Samstag gut 400, am Freitag knapp 300. Es ist gelungen. Das Org-komitee wollte möglichst das ganze Dorf einbeziehen, dabei jedem freie Hand bei der Gestaltung lassen. Und – es hat geklappt!
Was kommt danach?
Vieles bleibt. Die Eindrücke sowieso. Die Ortschronik auf hohem Wissensstand. Der nachgebildete Protorosaurus, der Kupferpfad, das von der Jugendfeuerwehr gebaute Diorama. Gibt es einen Epilog? Vielleicht. Etwa im September sollen 135 Jahre Feuerwehr gefeiert werden – ein guter Anlass zur Rückschau … Später kann vielleicht auch, wenn die Kräfte es hergeben, konkreter die prägende Bergwerksgeschichte nachvollzogen werden – aber das ist pure, nicht spruchreife Zukunftsmusik. Die Kupfersuhler, sie haben Lust auf Mehr bekommen … Es kann gelingen. Geburtenstarke Jahrgänge geben Hoffnung, das Dorfleben, es ist intakt.
(Quelle: Gemeindebote Amtsblatt der Gem. Moorgrund, Nr.7, 09.07.2018, Rainer Koch)